Hohe Kursverluste mit Österreichischen Staatsanleihen?
Wer hätte das zu Jahresbeginn gedacht: deutlich im Minus. Sogar zweistellig. Wir reden hier weder von Aktien noch von Kryptowährungen. Gemeint sind solide österreichische Staatsanleihen. Staatsanleihen in Europa und USA haben 2022 deutliche Kursverluste erlitten. Wie sind derartige Kursverluste bei soliden Anleihen möglich? Eine Erklärung.
Kein Grund zur Panik bei Staatsanleihen
Staatsanleihen, vor allem von der Republik Österreich oder der Bundesrepublik Deutschland, zählen seit Jahrzehnten zu Basisinvestments für konservative Anleger. Der Staat nimmt für Ausgaben und Investitionen einen Kredit am Kapitalmarkt auf. Institutionelle und private Anleger – nicht nur aus Österreich – leihen dem Staat ihr Geld, mit dem Wissen, dass sie im Gegenzug Zinsen und zum Ende der Laufzeit eine Rückzahlung erhalten. Was eine Anleihe genau ist, das erfährst du in diesem Beitrag: 5 Antworten auf deine Fragen zu Anleihen.
Ausgezeichnete Bonität bestätigt
Trotz der Kursrückgänge gilt:
- Die Republik Österreich genießt ausgezeichnete Bonität. Die Ratingagentur Standard & Poor´s hat im Frühjahr das Rating von AA+ (eine Stufe unter der Höchstnote AAA) bestätigt.
- Wer Staatsanleihen bis zum Ende der Laufzeit hält, erhält einen Kurs von 100 %, egal ob der Kurs zwischenzeitig deutlich tiefer liegt.
Warum Kursverluste bei Staatsanleihen?
Wie kommt nun ein zweistelliger Kurseinbruch bei Staatsanleihen zustande? Das ist schnell erklärt: Das allgemeine Zins- bzw. Renditeniveau ist im Jahr 2022 über alle Laufzeiten – von nur noch kurzlaufenden bis hin zu länger laufenden Anleihen von zehn oder mehr Jahren – signifikant angestiegen. Waren Renditen von Staatsanleihen 2021 noch negativ (!), so haben deren Renditen nun deutlich in den positiven Bereich gedreht. Wir haben also einen enormen Renditeanstieg in sehr kurzer Zeit erfahren. Dieser Renditeanstieg führte zwangsläufig zu Kursverlusten bei fix verzinsten Anleihen. Wir erklären, warum das so ist.
Zusammenhang Kurs & Rendite
Für fix verzinste Anleihen gilt: Steigt das allgemeine Renditeniveau, fällt der Kurs einer Anleihe. Und zwar so weit, bis diese Anleihen die Rendite des aktuellen Renditeniveaus widerspiegelt. Mit anderen Worten: Bei steigendem Renditeniveau wären Anleihen, die eine deutlich niedrigere Rendite aufweisen würden, plötzlich unattraktiv.
Da aber Anleihen mit gleicher Bonität und Restlaufzeit mehr oder weniger die gleiche Rendite aufweisen, MUSS eine Anpassung an das nun höhere Renditeniveau erfolgen. Diese Anpassung erfolgt nicht über die jährliche Zinszahlung, also über den Kupon. Der Kupon ist fix und kann somit nicht wie bei variabel verzinsten Anleihen verändert werden. Somit erfolgt die Anpassung über den Kurs der Anleihe. Dies gilt auch umgekehrt: Sollte das Renditeniveau fallen, steigt der Kurs einer Anleihe so weit, bis die Rendite der Anleihe dem aktuellen Renditeniveau entspricht.
Vereinfacht formuliert:
- steigende Renditen = fallende Kurse
- fallende Renditen = steigende Kurse.
Wie hoch ein Kursrückgang bei steigenden Renditen ausfällt, kann exakt berechnet werden.
Zinsänderungsrisiko – wie hoch genau?
Die zentrale Frage von Käufern von Staatsanleihen und Anleihefonds ist: Wie hoch ist mein Zinsänderungsrisiko? Wie hoch fällt der Kurs meines Anleiheinvestments, wenn das Renditeniveau steigen sollte? Bevor wir nun aufwendige Berechnungen anstellen, verweisen wir auf eine Kennzahl, die diesbezüglich Auskunft gibt.
Die „Modified Duration“ ist ein Prozentsatz, der angibt, wie stark der Kurs einer Anleihe bzw. eines Anleihefonds reagiert, wenn sich das Renditeniveau um 1 % (nach oben oder unten) verändert.“
Klingt kompliziert, ist es aber nicht.
Ein konkretes Beispiel dazu
Eine Anleihe mit einer Restlaufzeit von etwas mehr als 8 Jahren hat eine Modified Duration von rund 8 %. Dies bedeutet: Sollte das Renditeniveau um ein (weiteres) Prozent ansteigen, fällt der Kurs der Anleihe um (weitere) 8 %. Der aktuelle Kurs einer Anleihe liegt beispielsweise bei 78,20 %. Steigt die Rendite von Anleihen dieser Restlaufzeit von aktuell 2,50 % auf 3,50 %, so fällt der Kurs auf rund 70 %. Fällt das Renditeniveau um 1 % auf 1,50 %, so steigt der Kurs der Anleihe auf rund 86 %.
Wichtige Ergänzung: je länger die Restlaufzeit, desto höher das Zinsänderungsrisiko einer Anleihe.
Da die Renditeanstiege von 10jährigen Staatsanleihen im letzten Jahr rund 2,5 % ausmachten, kannst du nun leicht abschätzen, welche Kursverluste damit 2022 verbunden waren.
Professionelle Hände
Anleger, die sich mit diesen Details nicht beschäftigen möchten, können sich beim Investment in Fonds auf professionelle Fondsmanager stützen. Diese kennen und beobachten täglich den Markt und sind Profis im Management von Anleihen für Groß- und Privatanleger. Das Managen des Zinsänderungsrisikos ist eine von ihren vielen Aufgaben im verantwortungsvollen Umgang mit Kundengeldern.
Bei Interesse geht´s hier zu deiner Raiffeisenbank.
Fachbegriffe auf einen Blick
Hier haben wir für dich einige Begriffe und Kennzahlen, die in Zusammenhang mit Anleihen und Anleihefonds von Relevanz sind, zusammengefasst:
- Kupon oder Nominalverzinsung:
Der Kupon ist die – meist jährliche – Ausschüttung, berechnet und bezahlt vom Nominale der Anleihe. - Nominale oder Nominalwert:
Der Basiswert für die Verzinsung, also für die Auszahlung des Kupons.
Beispiel: Nominalwert 100 Euro, Kupon 3 % p.a. = 3 Euro pro Jahr. - Marktpreis/Kurs der Anleihe:
Der Kurs der Anleihe kann vom Nominalwert 100 (deutlich) abweichen.
Der Kurs kann über 100 oder auch unter 100 liegen. - Tilgung:
Die Rückzahlung zum Ende der Laufzeit wird als Tilgung bezeichnet.
Diese erfolgt in aller Regel zum Nominalwert, also zum Kurs von 100 Euro. - (Rest)laufzeit:
Wie lange läuft die Anleihe, wie lange wird das Geld vom Schuldner ausgeborgt? Bei Emission entspricht die gesamte Laufzeit der Anleihe der Restlaufzeit. Wie der Name schon sagt, entspricht die Restlaufzeit einer Anleihe dem verbleibenden Zeitraum bis zur Tilgung. - Emission oder Neuemission:
Wird eine Anleihe auf dem Markt gebracht, also Gläubigern zum Kauf angeboten, wird dies als Emission bezeichnet. - Die Rendite ist die effektive Verzinsung der Anleihe. Diese errechnet sich aus dem Kupon, dem Kurs der Anleihe und der verbleibenden Restlaufzeit. Mit der Kursveränderung erfolgt die Anpassung an das aktuelle Renditeniveau von fix verzinsten Anleihen.
Dies ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien. Stand/Erstelldatum: November 2022.
Aufgrund der Lesbarkeit wird auf das Gendern verzichtet. Sämtliche personenbezogene Bezeichnungen sind geschlechtsneutral zu verstehen.
Veranlagungen in Fonds sind mit höheren Risiken verbunden, bis hin zu Kapitalverlusten. Ein Investmentfonds ist kein Sparbuch und unterliegt nicht der Einlagensicherung.
Raiffeisen Capital Management steht für Raiffeisen Kapitalanlage GmbH oder kurz Raiffeisen KAG
Bildquelle: shutterstock