Der Weg in die Nachhaltigkeit kann gelingen
Die Folgen des weltweiten Klimawandels sind längst auch in Österreich sichtbar, weshalb tiefgreifende Maßnahmen dringend gefordert sind. Über sinnvolle Lösungsansätze diskutierten deshalb die Teilnehmer am Round Table zu „Nachhaltige Investments“ am 2. Mai, zu dem Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. (Raiffeisen KAG) gemeinsam mit der „Presse“ lud.
Am Round Table diskutierten über Nachhaltigkeit (v.l.n.r.): Dieter Aigner, Geschäftsführer der Raiffeisen KAG. Eva Komarek, Moderation, General Editor for Trend Topics der Styria Media Group, Susanne Hasenhüttl, Leiterin der Nachhaltigkeitszertifizierung für betriebliche Vorsorge- und Pensionskassen bei der ÖGUT und Jürgen Schneider, Sektionsleiter „Klima“ im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus.
Es gibt noch viel zu tun puncto Nachhaltigkeit
Auf dem Weg in eine nachhaltigere Welt gibt es jedenfalls noch eine Menge zu tun, auch wenn ein Umdenken allmählich stattfindet. Waren nachhaltige Investments etwa in der Finanzwelt vor Jahren vorrangig ein Thema für Pensions- und Vorsorgekassen, investieren inzwischen immer mehr Anleger darin. Dazu habe die Finanzkrise von 2008 ein gutes Stück beigetragen:
„Danach achteten viele Anleger genauer darauf, was mit ihrem Geld passiert“, erklärte Aigner. Allerdings habe es auch eine Menge Aufklärungsarbeit gebraucht, um Privatanleger zunehmend auf das Thema aufmerksam zu machen. Ähnlich lautete der Tenor bei der ÖGUT, wo man unter anderem entsprechende Schulungen anbietet. Auch Hasenhüttl merkte an,
das Thema sei bei Privatanlegern nicht immer einfach voranzutreiben. „Umso mehr muss der Impuls von den Wertpapierberatern kommen.
Sie sollten nicht erst warten, ob sie auf nachhaltige Investments angesprochen werden“. Allerdings habe sich das in den vergangenen Jahren verbessert, „auch, weil diesbezüglich viel in die Berater investiert wird“, meinte Hasenhüttl. Die Botschaft scheint durchaus anzukommen, die Nachfrage nach nachhaltigen Geldanlagen sei enorm gewachsen: „Daran führt kein Weg mehr vorbei“, verwies Aigner auf die wachsende Dynamik. Trotzdem betonte der Raiffeisen-Experte, dass Veränderungen nur dann stattfinden könnten, wenn es eine breite Allianz bis hin zur Politik gebe.
Auch die Politik ist zum Thema Nachhaltigkeit gefordert
Und die formiert sich zunehmend. Bereits im Dezember 2015 unterzeichneten 195 Staaten das Pariser Klimaabkommen und verpflichten sich, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Besonders ehrgeizig sind die Ziele der EU. Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen in der EU im Vergleich zu 1990 um rund 40
Prozent sinken. Und das werde laut EU jährliche Investitionen von rund 180 Milliarden Euro erfordern, Geld, das vor allem aus nachhaltigen Mitteln fließen soll. Im „EU-Aktionsplan 2018“ wurden deshalb Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger Investments festgehalten. Auch in Österreich widmet sich die Politik längst dem Thema der Nachhaltigkeit. Jürgen Schneider vom Nachhaltigkeitsministerium verwies auf die im Mai 2018 beschlossene #mission2030, die die vielen Initiativen zu Klimaschutz und Energiewende bündelt. In zwölf Leuchttürmen werden dabei
die Sektoren Mobilität, Gebäude, klimafitte Infrastruktur und Energieversorgung, aber auch Forschung, Digitalisierung, Bildung, Bewusstseinsbildung und Grüne Finanzen angesprochen.
Das Thema Nachhaltigkeit ist breit gefasst
Dies zeigt, wie breit das Thema der Nachhaltigkeit gefasst ist. Die Experten plädierten deshalb umso mehr für klare Richtlinien. So vermisst etwa Aigner in der Finanzindustrie: „Es fehlen einheitliche Standards. Und das ist für unsere Industrie eine große Herausforderung.“ Denn jeder habe seine eigenen Definitionen bei nachhaltigen Geldanlagen. Immerhin:
Mit der geplanten „Taxonomie“ – als Teil des EU-Aktionsplans – sollen demnächst einheitliche Kriterien zur Ermittlung der Nachhaltigkeit eines Finanzproduktes definiert werden, wobei vor allem klimarelevante Ziele im Fokus stehen.
„Damit wird zumindest eine erste Basis geschaffen, ein kluger Schritt“, lobte Aigner den Vorstoß. Schneider sieht darin ebenfalls einen wichtigen Schritt. Er wirft dazu auch einen Blick in die Vergangenheit, in der vor allem Ausschlusskriterien maßgeblich für ein nachhaltiges Investment gewesen seien. Die Taxonomie bringt eine wesentliche Weiterentwicklung, so Schneider.
„Mit der Taxonomie wird es erstmals eine Positivliste von wirtschaftlichen Aktivitäten geben, die etwa die Energiewende – den Abschied von der Nutzung fossiler Energie – vorantreiben,
ohne in anderen Umweltbelangen signifikante negative Effekte zu haben. Richtschnur ist dabei das Ziel, bis Mitte des Jahrhunderts netto keine Treibhausgasemissionen freizusetzen“. Dadurch können Investments, die der Einhaltung der Ziele des Pariser Übereinkommens dienen, klar benannt werden.
Zertifizierung als Maßstab in der Nachhaltigkeit
Nebst einer Reihe neuer EU-Verordnungen und interner Richtlinien diverser Vermögensverwalter schaffen aber auch Zertifizierungen wichtige einheitliche Nachhaltigkeitsstandards. Seit 2003 prüft und zertifiziert etwa die ÖGUT die heimischen Pensions- und Vorsorgekassen. Bei der Prüfung wird sowohl die Kasse selbst als auch deren Investmentportfolio unter die Lupe genommen: „Wir schauen uns dabei die angewendete Methodik genau an“, erklärte Hasenhüttl. Hier stünden vor allem Ausschlusskriterien stark im Fokus, „ein Ansatz, der insbesondere im deutschsprachigen Raum oftmals angewendet wird“. Doch nicht nur. Auch schaue man sich an, welche Unternehmen sich um Veränderungen besonders bemühten.
Nachhaltigkeit heißt auch, die Anliegen der Anleger ernst zu nehmen
Obendrein suche man aktiv den Dialog. Tatsächlich würden zum Beispiel während Hauptversammlungen inzwischen durchaus kritische Diskussionen geführt, ergänzte Aigner. Dort zeige sich dann auch, ob ein Vorstand die Anliegen der Anleger ernstnehme, im Übrigen ein weiteres Nachhaltigkeitskriterium. „Wer hätte noch vor Jahren gedacht, dass etwa der VW-Vorstand einmal derart Rede und Antwort rund um eine Abgasaffäre steht“, verwies Aigner auf die Veränderungen der vergangenen Jahre in Hinblick auf die Gesprächskultur der Round Table.
Grüne Renditen Nachhaltigkeit
Jedenfalls fand es die Expertenrunde gut, dass nachhaltige Investments in den unterschiedlichsten Bereichen zunehmend in den „Mainstream“ aufrückten. Allein die Finanzierung der EU-Klimaziele von jährlich 180 Milliarden Euro erfordert eine Menge privates Kapital, betonte Klimaexperte Schneider. „Das kann von der öffentlichen Hand nicht alleine gestemmt werden“.
Dazu räumt Raiffeisen-Manager Aigner auch gleich mit dem Vorurteil eines Renditeverzichts bei nachhaltigen Investments auf: „Anleger müssen keine Ertragseinbußen befürchten.“ Ganz im Gegenteil. Je mehr sich ein Unternehmen positiv verändere, desto geringer seien etwa Umweltrisiken. „Damit steigt auch das Interesse der Anleger, sie investieren dann zunehmend
in das Unternehmen“. Mit entsprechend positiven Folgen. Denn Anleger könnten langfristig von einer soliden Veranlagung profitieren
Der Round Table fand auf Einladung von „Die Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von der Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H.
Der Beitrag erschien in der „Presse“-Round Table, 16. Mai 2019.
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Raiffeisen Capital Management steht für Raiffeisen Kapitalanlage GmbH oder kurz Raiffeisen KAG
Fotos: Richard Tanzer