Von Prognosen und dem Managen von Fonds
Während Naturwissenschaften Gesetzen und definierten Zusammenhängen folgen, ist das Managen eines Investmentfonds weit weniger vorhersagbar. Die Kunst von Fondsmanager:innen liegt darin, komplexe Zusammenhänge zu analysieren, zu interpretieren und – im besten Falle so oft wie möglich – die richtigen Entscheidungen zu treffen. Prognosen sind das Um und Auf dieser vielschichtigen Tätigkeit.
Nachrichten von gestern
Nichts ist so alt wie die Nachrichten von gestern.
lautet ein Spruch, der nirgends so wahr ist wie an der Börse. Damit wird angedeutet, dass zurückliegende, gerade veröffentlichte Fakten bereits den Kurs eines Wertpapiers beeinflusst haben. Die nachfolgende Aktienpreisentwicklung wird von zukünftigen Nachrichten getrieben wird. Daraus ergibt sich, dass die Arbeit eine:r Fondsmanager:in zu einem wesentlichen Teil darin besteht, u. a. Fragen wie diese vorherzusagen:
- Welche Unternehmen werden Marktanteile ausbauen?
- Welche Technologien werden sich durchsetzen?
- Welchen Weg wird die Geldpolitik der Zentralbank einschlagen?
Prognosen – das Um und Auf
Ob die angestellten Prognosen eintreffen oder nicht, zeigt sich erst in der Zukunft. Die Investitionsentscheidung muss trotzdem schon in der Gegenwart getroffen werden. Mit anderen Worten: Fondsmanager:innen entscheiden stets unter unsicheren Bedingungen. Das macht diesen Job so schwierig, gleichzeitig auch so reizvoll. Der Reiz liegt in der Herausforderung, aus unvollständigen Informationen und komplexen Zusammenhängen fundierte Entscheidungen zu treffen. Genau diese Entscheidungen sichern den Erfolg – oder Misserfolg – des Portfolios.
Dabei spielen nicht nur analytische Fähigkeiten eine Rolle. Auch Intuition und Erfahrung, um subtile Marktstimmungen zu erfassen und auf unerwartete Ereignisse flexibel zu reagieren. Ein:e gute:r Fondsmanager:in muss daher nicht nur die Märkte analysieren, sondern auch ein Gespür für wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungen haben, die die Märkte beeinflussen können. Dies erfordert eine kontinuierliche Lernbereitschaft und Anpassungsfähigkeit. Die Märkte entwickeln sich ständig weiter und bringen neue Herausforderungen mit sich.
Doch warum sind Prognosen eigentlich mit so viel Unsicherheit behaftet?
Hypothesen anstatt Wissenschaft
Ich kann die Bewegung der Himmelskörper berechnen, aber nicht den Wahnsinn der Menschen.
Dieses Zitat geht auf Sir Isaac Newton zurück. So bahnbrechend der Physiker auch war, an der Börse gehörte er – zumeist – zu den Verlierern. Er machte unerfreuliche Bekanntschaft mit der Tatsache, dass Finanz und Wirtschaft nicht Teil der Naturwissenschaften sind. Sie gehören den Sozialwissenschaften an. Dass heißt im Gegensatz zu Sparten wie Chemie und Physik – wo man sich auf wissenschaftliche Zusammenhänge und Gesetze verlassen kann (bis sie möglicherweise widerlegt werden) – hat man es beim Investieren nur mit Hypothesen zu tun.
Die Datenlage kann zwar analysiert, interpretiert und modelliert werden, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass letztendlich das Verhalten von Menschen – bzw. von großen Gruppen von Menschen – den Markt beeinflusst. Und dieses Verhalten ist nicht immer gleich. Es hält sich im Gegensatz zur Schwerkraft oder zum Massenerhaltungssatz nicht immer an Gesetze und Modelle.
Ob sich z. B. eine angespannte Liquiditätssituation bei einer einzelnen Bank zu einer Vertrauenskrise dem gesamten Bankensektor gegenüber ausweitet, hängt von verschiedensten Faktoren ab:
- von der allgemeinen Marktstimmung
- vom Vertrauen der Anleger:innen
- von Reaktion der Aufsichtsbehörden
- von der Medienberichterstattung etc.
Diese Faktoren sind oft unvorhersehbar und können durch psychologische Dynamiken – wie etwa Panikverkäufe oder Herdentrieb – verstärkt werden. Solche Verhaltensweisen können die Märkte in eine Richtung treiben, die rational schwer vorhersehbar ist. Deshalb erfordert das Managen von Fonds nicht nur analytische Fähigkeiten. Auch ein tiefes Verständnis menschlicher Psychologie und Verhaltensmuster ist nötig, um in der oft irrationalen Natur der Märkte zu navigieren.
Fähigkeit der Anpassung
Fund managers are not paid to forecast, but to adapt.
Louis-Vincent Gave
Wenn die Prognosen eine:r Fondsmanager:in korrekt sind, ist alles gut. Top Performance ist dann nahezu „unvermeidlich“. Schwieriger wird es, wenn er oder sie falsch gelegen ist. Wie soll dann reagiert werden? Darin liegt wahrscheinlich eine Schlüsselstärke oder -schwäche von Akteur:innen am Markt. Denn eines ist klar: niemand liegt immer richtig. Selbst die Besten in der Branche liegen oftmals komplett falsch. Jene die es schaffen, in Schwächephasen relativ wenig(er) zu verlieren, werden langfristig vorne liegen.
„To adapt“ – sich also an neue Fakten anzupassen, ist leichter gesagt als getan. Zuzugeben, dass man falsch liegt, ist eine Stärke, die nicht an Universitäten gelehrt wird. Erfahrung, Charakterstärke und Disziplin sind hier wichtig. Denn letztendlich ist nicht problematisch, hin und wieder falsch zu liegen, das ist Teil des Geschäfts. Problematisch wird es hingegen, wenn Emotionen wie Eigensinn oder Stolz im Spiel sind. Sie einen daran hindern, eine Situation, die sich nun anders darstellt, als solche wahrzunehmen und das Portfolio entsprechend umzubauen.
Emotionale Intelligenz gefragt
Die Fähigkeit zur Anpassung bedeutet auch, über eine klare Strategie zu verfügen, aber gleichzeitig flexibel genug zu sein, diese Strategie anzupassen. Nämlich dann, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. Dies erfordert nicht nur technische Fähigkeiten und Marktkenntnisse, sondern auch emotionale Intelligenz. Emotionale Reaktionen zu kontrollieren und rationale Entscheidungen zu treffen. In einer dynamischen und oft volatilen Marktumgebung kann die Bereitschaft, schnell und entschlossen zu handeln, den Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg ausmachen. Dies ist der wahre Test der Fähigkeiten eine:r Fondsmanager:in, der weit über einfache Prognosen hinausgeht.
Mag. Leopold Quell, CPM, ist seit 2008 bei der Raiffeisen KAG beschäftigt und arbeitet als Senior Fondsmanager mit Schwerpunkt Märkte in Taiwan und Malaysia. Darüber hinaus leitet er die RCM-Zukunftsgruppe „Technologie“. Vor seinem Eintritt in die Raiffeisen KAG war er seit 2001 für diverse andere Investmentgesellschaften tätig. Seit 2015 lehrt er außerdem Volkswirtschaftslehre an der Lauder Business School sowie an der FH St. Pölten.
Dies ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien. Stand: September 2024
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Raiffeisen Capital Management steht für Raiffeisen Kapitalanlage GmbH oder kurz Raiffeisen KAG
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