US-Wahl: Informatives Hintergrundwissen zur Wahl des Staatsoberhauptes
Amerika wählt am 5. November 2024 sein neues Staatsoberhaupt. Die Demokratin Kamala Harris kämpft gegen den republikanischen Kandidaten Donald John Trump, welcher bereits von 2017 bis 2021 das höchste Amt der USA innehatte. Etwas Ungewöhnliches kennzeichnet diese US-Wahl: Kamala Harris löste Joe Biden erst im laufenden Wahlkampf als Kandidatin der Demokraten ab. Pikanterweise obliegt es ihr als amtierende Vizepräsidentin, das Wahlergebnis zu zertifizieren.
In diesem Beitrag findest du Fakten über die Grundzüge des amerikanischen Wahlsystems sowie interessante Hintergrundinfos zur wohl einflussreichsten Wahl der Welt.
Dienstag – der Tag der US-Wahl
Schon seit dem 19. Jahrhundert findet der Presidential Election Day an einem Dienstag statt. Und zwar jeweils am Dienstag nach dem ersten Montag im November.
Grundlage dafür ist der Presidential Election Day Act des 23. Januar 1845. Damals waren hauptsächlich Farmer Bürger des Landes. Diese hatten die Ernte im November eingeholt und nun Zeit, die oft lange Reise zu den Wahllokalen anzutreten. Sonntage fielen wegen der Kirchenbesuche, Freitage und Samstage aufgrund von Märkten aus. Und Donnerstage waren verpönt, da die früheren Kolonialherren – die Engländer – an diesen Tagen ihr Parlament wählten.
Das Wahlsystem in Amerika
- Die Wahl zu:r amerikanischen Präsident:in findet alle vier Jahre statt. Die Präsidentin bzw. der Präsident kann seit Inkrafttreten des 22. Verfassungszusatzes im Jahr 1951 lediglich einmal wiedergewählt werden, also maximal 8 Jahre lang regieren.
- Wahlberechtigt sind alle US-Staatsbürgerinnen und -bürger über 18 Jahren.
- Im Zuge einer Vorwahl werden die Präsidentschaftskandidat:innen ermittelt.
- Die Präsident:in wird nicht direkt vom Volk gewählt. Die Bürger:innen wählen lediglich Wahlmänner und Wahlfrauen – das sogenannte Electoral College.
- Die formelle Wahl der 538 Wahlleute wird im Dezember abgehalten, die Amtseinführung – Inauguration – findet seit 1933 am 20. Jänner statt.
Nationale Stimmenmehrheit bedeutet nicht automatisch Wahlsieg
Pro Bundesstaat gibt es eine festgelegte Anzahl von Wahlleuten – abhängig von der Einwohnerzahl. Das Minimum liegt bei 3 Wahlmännern bzw. -frauen (wie z. B. in Alaska), Kalifornien ist der Bundesstaat mit den meisten (derzeit 54). Die Sieger:in der US-Wahl muss somit mindestens 270 der 538 Wahlleute für sich gewinnen.
Abgesehen davon, dass je nach Bundesstaat ein Wahlmann bzw. eine Wahlfrau für unterschiedlich viele Wahlberechtigte steht (in Wyoming beispielsweise rd. 188.000, in Ohio ca. 641.000 – Einwohnerzahlen von 2010), ist auch das Mehrheitswahlsystem – „the winner takes it all“ – eine Besonderheit. Dieses besagt, wer in einem Bundesstaat die Mehrheit an Stimmen erhält, bekommt alle Wahlleute. Ausnahmen hierbei sind Maine und (noch) Nebraska, in der die Wahlleute gesplittet werden.
Als Donald Trump 2016 Präsident wurde, erhielt er landesweit fast drei Millionen Stimmen weniger als Hillary Clinton. Etwas Ähnliches könnte sich 2024 wiederholen. Verständlicherweise gibt es daher verstärkte Bemühungen seitens der Demokraten, das Electoral College ganz abzuschaffen und den Präsidenten direkt zu wählen.
Der Wahlkampf 2024
Wer geglaubt hatte, das Niveau der Auseinandersetzung zwischen Biden und Trump vor vier Jahren ließe sich kaum noch unterbieten, wird heuer eines Schlechteren belehrt. Beide Lager stilisieren die 2024er Wahl zu einer Schicksalsentscheidung hoch, bei der es um nicht weniger gehe als um die Rettung Amerikas.
Rettung wovor? In erster Linie vor einer angeblich drohenden diktatorischen Schreckensherrschaft des jeweils anderen. Die Polarisierung zwischen Demokraten und Republikaneren ist größer denn je. Ein Ausdruck der extrem aufgeheizten Atmosphäre sind zwei Attentatsversuche binnen weniger Wochen gegen den republikanischen Kandidaten Donald Trump, der einem davon nur denkbar knapp entging.
Welche Themen dominieren die US-Wahl?
Wie bei nahezu jeder US-Präsidentschaftswahl sehen demokratische und republikanische Wähler:innen unterschiedliche Themen als die für sie jeweils wichtigsten an. Eine große Mehrheit (70 – 80 %) ist sich allerdings einig, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt. Für die republikanischen Wähler:innen rangiert die Wirtschaft (einschließlich Inflation) ganz oben auf der Prioritätenliste, dicht gefolgt von Zuwanderung sowie Kriminalität und Außenpolitik. Für die demokratischen Wähler:innen sind hingegen Gesundheitswesen und die Besetzung des Obersten Gerichtshofes die beiden brennendsten Themen. Letzteres hängt eng mit ihrem drittwichtigsten Anliegen zusammen, dem Thema Abtreibung. Auf Rang vier folgt aber auch bei ihnen die Wirtschaft.
Wirtschaft als Thema Nr. 1
Nimmt man alle Wähler:innen, rangiert die Wirtschaft mit rund 80 % unangefochten auf Platz eins. Tendenziell ist das eine schlechte Nachricht für Kamala Harris, denn bei diesem Thema sehen die Wähler:innen Trump (noch) als den deutlich kompetenteren an.
Trump kann hier offenkundig mit seiner Bilanz als Geschäftsmann sowie seiner ersten Amtszeit punkten, denn im Wahlkampf operiert er vor allem mit einigen wenigen Slogans, nicht mit einem strukturierten Wirtschaftsprogramm. Niedrigere Steuern, weniger Regulierung, Reindustrialisierung, Handelsbeschränkungen für „unfair agierende Länder“- diese Botschaften zogen bereits 2016 und auf sie setzt er auch heuer, ohne aber wirklich konkret zu sein.
Kamala Harris versucht, mit teils ähnlichen Lösungen zu punkten (Steuersenkungen und Deregulierung) und sowohl für die unteren als auch mittleren Einkommensbezieher:innen Positives anzubieten. Ihr Nachteil ist, dass sie viele Menschen nur schwer überzeugen kann, künftig jene Probleme zu lösen, die auch unter ihrer Mit-Regentschaft in den letzten vier Jahren nicht gelöst wurden oder sich sogar verschärft haben.
Sowohl Demokraten als auch Republikaner scheinen bei allen Unterschieden aber wenig Neigung zu verspüren, die ausufernden Schulden einzudämmen. Sparen steht derzeit auf niemandes Agenda. Insofern bahnt sich unabhängig vom Wahlausgang eine grundsätzliche Fortsetzung von mehr oder minder großen Haushaltsdefiziten und Wachstum auf Pump an.
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Zuwanderung & Abtreibung
Emotional wird von den Republikanern dabei vor allem die nahezu unkontrollierte Massenzuwanderung thematisiert. Kamala Harris scheint hier auch am besten angreifbar, war sie doch als Bidens „Grenz-Beauftragte“ („Border-Zsar“) unmittelbar verantwortlich, dieses Problem in den Griff zu bekommen.
Die Demokraten ihrerseits sehen gute Chancen, beim Thema Abtreibung ihre Basis zu mobilisieren, nachdem der Oberste Gerichtshof 2022 ein 50 Jahre zuvor ergangenes Urteil weitgehend revidierte und das Recht auf Abtreibung in die Befugnis der Bundesstaaten gelegt hat. Seither haben viele konservativ regierte Bundesstaaten das Abtreibungsrecht eingeschränkt, etliche demokratisch regierte hingegen relativ großzügige Abtreibungsregelungen eingeführt.
Sehr enges Rennen
Kamala Harris erhielt nach ihrer Nominierung einen deutlichen positiven Schub in den Umfragen, doch dieser Effekt scheint bereits wieder weitgehend verpufft zu sein. Nimmt man die landesweite Stimmenverteilung, liegt sie aktuell nur noch 1-3 % vor Trump. 2016 und 2020 führten Hillary Clinton bzw. Joe Biden zu diesem Zeitpunkt mit rund 10 Prozentpunkten.
Entscheidend für den Wahlsieg ist aber wie gesagt nicht die Gesamtzahl der landesweit errungenen Stimmen, sondern der Gewinn der einzelnen Bundesstaaten. Wie schon seit langem wird die Wahl dabei letztlich in einer Handvoll Staaten entschieden, den sogenannten Swing States. Die meisten Umfragen sehen auch hier Kamala Harris noch ganz leicht vorn. Auf den elektronischen Handelsplattformen, wo mit echtem Geld auf den der Wahlausgang gesetzt werden kann, liegt hingegen Donald Trump derzeit in Führung.
Entscheidend für die US-Wahl: die Swing States
Während die allermeisten Bundesstaaten mehr oder minder sicher in entweder demokratischer oder republikanischer Hand sind, trifft das für die Swing States (auch Tossup-States genannt) nicht zu. Dort ist aufgrund ihrer demographischen Struktur und ihres historischem Wahlverhaltens nicht vorhersehbar, ob Demokraten oder Republikaner siegen werden. Aus diesem Grund sind diesen Staaten besonders hart umkämpft und das Hauptaugenmerk des Wahlkampfes liegt auf ihnen. Dazu zählen in der heurigen Wahl (wie schon 2016 und 2020) vor allem Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, North Carolina und Nevada. Aber auch Staaten wie Arizona und Georgia könnten am Ende das Zünglein an der Waage sein.
Das Rennen um Senat und Repräsentatenhaus
Gleichzeitig mit der Wahl von Präsident:in und Vizepräsident finden auch die Wahlen zum Parlament statt, also zum Repräsentantenhaus (Unterhaus) und zum Senat (Oberhaus). Die Republikaner verfügen derzeit über eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die meisten Umfragen gehen davon aus, dass sie diese Mehrheit auch verteidigen können; es ist aber auch ein Sieg der Demokraten möglich. Im Senat hingegen gibt es derzeit noch eine hauchdünne Mehrheit der Demokraten. Diese werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach verlieren, vor allem deshalb, weil nur ein Teil der Senator:innen neu gewählt wird und hierbei sehr viel mehr Demokrat:innen ihren Sitz verteidigen müssen als Republikaner:innen. Völlig gewiss ist aber auch hier der Ausgang nicht.
Es bleibt also sehr spannend. Die US-Wahl ist dabei nicht nur aus (welt-)politischer Sicht bedeutsam, sondern auch für die Finanzmärkte von großem Interesse. Generell haben sich die US-Aktienmärkte in der Vergangenheit fast immer positiv in den Monaten nach der Wahl entwickelt. Vermutlich auch deshalb, weil damit Unsicherheiten und Unwägbarkeiten vom Tisch waren. Ob dies auch heuer und Anfang 2025 so sein wird, bleibt natürlich abzuwarten.
Dies ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien. Aktualisierungsdatum: Oktober 2024
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