Was erwartet uns 2020 am Finanzmarkt?
Hinter uns liegt ein sehr positives Jahr am Finanzmarkt. Die starken Wertzuwächse bei vielen Assetklassen sind sehr erfreulich. Andererseits bedeuten sie auch eine gewisse Hypothek für das kommende Jahr. So wird speziell auf den Aktienmärkten bereits eine globale Konjunktur- und Gewinnerholung eingepreist, die in den kommenden Quartalen erst einmal eintreten muss. Zugleich verlässt man sich gern auf das fortgesetzte Einspringen der Notenbanken, sollte es realwirtschaftlich doch nicht so laufen wie erwartet. Was uns sonst noch 2020 am Kapitalmarkt erwartet, lesen Sie hier.
Neben diesen Herausforderungen könnten der Wirtschaftskrieg USA-China, der Brexit sowie die in den USA anstehenden Wahlen jederzeit für kräftige Marktbewegungen sorgen. Diese Herausforderungen bergen zweifellos Risiken – und bieten zugleich Chancen für aktive Manager und eine strategisch geschickte Asset Allokation. So gehen wir optimistisch, aber auch risikobewusst ins neue Jahr. Dass wir bei den Scope Investment Awards 2020 zum besten Asset Manager im deutschsprachigen Raum in der „Königsdisziplin“ Multi-Asset-Management gekürt wurden, ist uns Ansporn.
Wertzuwächse im zweistelligen Prozentbereich am Finanzmarkt
Aktien, Unternehmensanleihen, viele Rohstoffe und weitgehend auch Staatsanleihen bescherten den Investoren 2019 Wertzuwächse, teilweise im hohen zweistelligen Prozentbereich (Stand 4.12.2019). Das war zu Jahresbeginn keinesfalls zu erwarten. Damals dominierte die Angst vor weiteren Kursrückgängen. Rezessionssorgen machten sich breit. Ein abrupter 180-Grad-Kurswechsel der US-Notenbank lieferte letztlich die Initialzündung: Der Kurs stabilisierte sich und legte danach eine beeindruckende Aktien-Kursrally hin, die aber nicht ohne Rückschläge vonstatten ging. Staatsanleiherenditen in Europa und den USA fielen auf neue Tiefstände, bevor im dritten Quartal eine leichte Gegenbewegung einsetzte. Bemerkenswert ist, dass die Aktienmärkte stiegen, obwohl sich die Konjunkturindikatoren weltweit im Grunde verschlechtert haben.
Zweifel ist keine angenehme Voraussetzung, aber Gewissheit ist eine absurde (Voltaire)
Dass wir die grundlegenden wirtschaftlichen Trends zumeist richtig einschätzten, zahlte sich heuer nur bedingt aus. Eine US-Notenbank, die die Zinsen mehrfach senkt und Anleihekäufe trotz rekordtiefer Arbeitslosigkeit, hoher Inflation und Aktien auf Allzeithoch wieder aufnimmt, kommt nicht sehr oft vor. Dass aus den im Jänner einsetzenden Kursanstiegen viel mehr wurde als eine Erholung nach den Einbrüchen Ende 2018 weiß man aber nur im Rückblick. Weil es Gewissheit auf den Finanzmärkten immer nur im Nachhinein und niemals im Vorhinein gibt, bedeutet verantwortungsvolles Asset Management ein stetes, sorgsames Abwägen von Chancen und Risiken. Besonders auch im Angesicht vieler Unsicherheitsfaktoren, an denen es derzeit nicht mangelt. Tendenziell etwas vorsichtiger zu agieren, zahlte sich 2018 sichtbar aus, nicht jedoch im Jahr 2019. Die Wertentwicklung in unseren Fonds im heurigen Jahr kann sich dennoch mehr als sehen lassen, auch wenn wir mit unseren Asset-Allokation-Entscheidungen, speziell der Steuerung der Aktienquoten, nicht so erfolgreich waren wie in den Vorjahren.
Wie schätzen wir die Perspektiven für die kommenden Quartale am Finanzmarkt ein?
Konjunkturell zeichnet sich eine Stabilisierung und leichte Erholung ab. Das Risiko einer globalen Rezession scheint zumindest für die kommenden Monate nicht mehr akut. Vor allem die Aktienkurse sind im Vorgriff darauf sowie auf eine mögliche Teileinigung im amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt in den letzten Wochen teilweise kräftig gestiegen. Zugleich dürfte eine etwaige Konjunkturbelebung moderat ausfallen. Stärkere Inflationsanstiege sind nicht in Sicht. Beim Handelsstreit sind neuerliche Eskalationen zwar nicht auszuschließen, sie würden aber keiner Seite etwas bringen. Die Politik wird auf absehbare Zeit ein zentraler Unsicherheitsfaktor bleiben (Handelskrieg, Nahost, Brexit, Nordkorea, US-Wahlen…).
Finanzmarkt: Aktien
Nachdem die Unternehmensgewinne 2019 faktisch nicht gestiegen, teilweise sogar gesunken sind, widerspiegelt der heurige Aktienkursanstieg fast ausschließlich eine Ausweitung der Bewertungen und die Erwartung, dass die Unternehmensgewinne künftig wieder anziehen. Dass die Aktienkurse auch ohne solche Unterstützung weiter steigen, ist natürlich möglich. Sie würden sich dann allerdings auf zunehmend brüchigerem Eis bewegen. Wir erwarten in jedem Fall eine geringere Aufwärtsdynamik als 2019. Selbstverständlich muss für steigende Gewinne die Konjunktur entsprechend mitspielen. Von einer solchen konjunkturellen Erholung sollten Europa, die Emerging Markets und zyklische Sektoren überdurchschnittlich profitieren können. Insgesamt sehen wir derzeit aus kurz- bis mittelfristiger Sicht eine neutrale Aktiengewichtung als angemessen an. Es gibt nicht genügend Argumente, die aktuell für eine deutliche Über- oder Untergewichtung sprechen würden.
Finanzmarkt: Anleihen
In einem solchen Szenario eines moderaten, unterdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums haben Unternehmensanleihen historisch zumeist besser abgeschnitten als Staatsanleihen. High-Yield- Unternehmensanleihen dürften angesichts sehr magerer Ertragsaussichten bei Staatsanleihen und Investmentgrade-Unternehmensanleihen weiterhin gefragt bleiben. Jedoch erwarten die Ratingagenturen spürbare Anstiege der Ausfallsraten (von sehr niedrigen Startniveaus) sowohl in den USA als auch in Europa. Vor allem in den besonders bonitätsschwachen Segmenten könnte es negative Überraschungen geben. Diese Segmente werden wir in unserer kurz- bis mittelfristigen Asset Allokation derzeit vermeiden. Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von rund zwei Prozent scheint auch 2020 unerreichbar. Von dieser Seite ist kein größerer Druck auf Euro-Staatsanleihekurse zu erwarten.
Abzuwarten ist, wie die neue EZB-Chefin ihre Rolle ausfüllen wird, und was dies dann konkret für die Euro-Anleihemärkte bedeutet. Die nur noch moderaten Wachstumsaussichten für die USA und der deutliche Renditevorteil amerikanischer Staatsanleihen gegenüber europäischen macht US-Staatsanleihen 2020 zu einem wesentlichen Bestandteil unserer Anleihen-Allokation. Eine moderate globale Wachstumsbelebung sollte mit einer leichten Abschwächung des US-Dollars einhergehen. Ob sie auch zu markant höheren Rohstoffpreisen führt, ist derzeit offen und wird stark von China sowie geopolitischen Faktoren abhängen. Das gilt speziell, aber nicht nur für den Ölpreis.
Strategischer Ausblick am Finanzmarkt
In der langfristigen, strategischen Asset Allokation sind wir bei Aktien leicht untergewichtet, vor allem zugunsten von realen Assets, wie Rohstoffen und Edelmetallen. Bei Aktien veranlasst uns speziell die historisch hohe Bewertung der US-Aktienmärkte dazu. Für Rohstoffe und Edelmetalle sprechen trotz teils deutlicher Preiserholungen weiterhin attraktive Risikoprämien und der nicht zu unterschätzende zusätzliche Diversifikationseffekt. Beim Zinsrisiko bleibt es bei extrem niedrigen Renditen und ungünstigen, stark asymmetrischen Risiko-Ertrags-Profilen für Euro- Staatsanleihen. Im Gegensatz dazu sehen wir vor allem Schwellenländer-Währungen und Emerging-Markets-Anleihen sowie bonitätsstarke Unternehmensanleihen als attraktiver an, während sich bei High-Yield-Anleihen aus strategischer Sicht derzeit keine stärkere Positionierung aufdrängt, weder nach oben noch nach unten.
Fazit
- Gutes Kapitalmarktjahr mit hohen bis sehr hohen Wertzuwächsen, aber herausfordernd für aktive Asset Manager
- Aktien haben Konjunkturerholung und Gewinnverbesserungen schon stark vorweggenommen.
- Aus taktischer Sicht weiteres Aktien-Kurspotenzial; Europa und Emerging Markets könnten überdurchschnittlich profitieren Unternehmensanleihen weiterhin bevorzugt gegenüber Staatsanleihen mit Ausnahme der bonitätsschwächsten HighYield-Segmente.
- Strategisch: Rohstoffe und Schwellenländer-Anleihen vergleichsweise attraktiv, US-Aktien mit langfristig ungünstiger Risiko-Ertrags-Konstellation
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Dies ist eine Marketingmitteilung der Raiffeisen Kapitalanlage GmbH, Mooslackengasse 12, 1190 Wien. Stand/Erstelldatum: Dezember 2019
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